Buchhaltung

Wer trägt die Verantwortung für Fehler – ich oder der Treuhänder?

Grundprinzip: Geteilte Verantwortung

Die Haftungsfrage bei ausgelagerter Buchhaltung ist differenziert zu betrachten und hängt stark von der Art des Fehlers und den vertraglichen Vereinbarungen ab. Das Schweizer Recht sieht eine geteilte Verantwortung vor, bei der sowohl Unternehmer als auch Treuhänder je nach Situation zur Verantwortung gezogen werden können.

Ihre Verantwortung als Unternehmer

Grundsätzliche Buchführungspflicht

Sie bleiben der rechtliche Träger der Buchführungspflicht. Auch bei Auslagerung sind Sie gegenüber Steuerbehörden, Sozialversicherungen und anderen Behörden grundsätzlich verantwortlich für die ordnungsgemäße Buchführung Ihres Unternehmens.

Informationspflicht und Mitwirkung

Vollständige und korrekte Informationen sind Ihre Pflicht. Fehlen wichtige Belege oder geben Sie falsche Informationen weiter, können daraus resultierende Fehler nicht dem Treuhänder angelastet werden.

Ihre konkreten Pflichten:

  • Vollständige Übermittlung aller Geschäftsbelege
  • Korrekte Angaben zu Geschäftsvorfällen
  • Rechtzeitige Information über Änderungen im Unternehmen
  • Kontrolle und Freigabe wichtiger Dokumente vor Einreichung

Überwachungs- und Kontrollpflicht

Sie müssen die Arbeit Ihres Treuhänders überwachen. Offensichtliche Fehler in Auswertungen oder Abrechnungen sollten Sie erkennen und ansprechen.

Verantwortung des Treuhänders

Fachgerechte Ausführung

Der Treuhänder haftet für die fachgerechte Ausführung seiner Dienstleistungen entsprechend den geltenden Standards und Gesetzen. Dies umfasst sowohl technische Korrektheit als auch Einhaltung von Fristen.

Haftung bei groben Fehlern

Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Geschäftsführer für entstehende Schäden. Dieser kann sodann gegebenenfalls Rückgriff auf seinen Treuhänder nehmen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Falsche MWST-Berechnungen bei klarer Rechtslage
  • Verspätete Abgaben trotz rechtzeitiger Datenübermittlung
  • Verstoss gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften
  • Missachtung vertraglich vereinbarter Leistungen

Beratungs- und Aufklärungspflicht

Professionelle Treuhänder müssen Sie über relevante Änderungen informieren und bei komplexen Sachverhalten beratend tätig werden. Unterlassene Warnungen vor steuerlichen Risiken können haftungsrelevant sein.

Konkrete Haftungsszenarien

Szenario 1: Verspätete MWST-Abrechnung

Wenn Sie alle Belege rechtzeitig übermittelt haben und der Treuhänder die MWST-Abrechnung dennoch verspätet einreicht, haften Sie für Verzugszinsen und Bussgelder.

Wenn Sie Belege zu spät liefern und dadurch die Frist nicht eingehalten werden kann, tragen Sie die Verantwortung.

Sie können einen Anspruch gegen den Treuhänder geltend machen.

Szenario 2: Falsche Buchungen

Bei eindeutig falsch kategorisierten Geschäftsvorfällen trotz korrekter Beleglage haften Sie.

Bei unklaren oder fehlenden Belegen, die zu Fehlbuchungen führen, liegt die Verantwortung bei Ihnen.

Sie können einen Anspruch gegen den Treuhänder geltend machen.

Szenario 3: Steuerliche Nachzahlungen

Wenn der Treuhänder eindeutige Steuervorschriften missachtet, können Sie für Nachzahlungen haftbar gemacht werden.

Bei unternehmerischen Entscheidungen mit steuerlichen Konsequenzen (z.B. Investitionen, Rechtsformwahl) tragen Sie als Unternehmer die Verantwortung.

Sie können einen Anspruch gegen den Treuhänder geltend machen.

Szenario 4: Sozialversicherungsprobleme

Fehlerhafte Lohnabrechnungen oder verspätete Anmeldungen bei korrekten Grunddaten übernehmen Sie die Verantwortung. Sie können einen Anspruch gegen den Treuhänder geltend machen.

Fehlende Meldungen über Personalwechsel oder falsche Lohnangaben bleiben in Ihrer Verantwortung.

Vertragliche Absicherung

Klare Leistungsabgrenzung

Definieren Sie präzise, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist. Je detaillierter die Vereinbarungen, desto geringer das Streitpotenzial.

Wichtige Vertragspunkte:

  • Umfang der übertragenen Aufgaben
  • Fristen für Datenübermittlung und Bearbeitung
  • Kommunikationswege und Rückfrageverfahren
  • Kontrolle und Freigabeprozesse

Haftungsbeschränkungen

Viele Treuhänder-Verträge enthalten Haftungsbeschränkungen. Diese sind grundsätzlich zulässig, können aber bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz unwirksam werden.

Prüfen Sie kritisch:

  • Sind Haftungsausschlüsse angemessen?
  • Gibt es Mindesthaftungsbeträge?
  • Sind Verzugszinsen und Bussgelder abgedeckt?

Versicherungsschutz

Seriöse Treuhänder verfügen über eine Berufshaftpflichtversicherung für Schäden aus ihrer Tätigkeit. Erkundigen Sie sich nach Deckungssumme und -umfang.

Präventive Massnahmen

Regelmässige Kontrollen

Überprüfen Sie wichtige Dokumente vor der Einreichung:

  • MWST-Abrechnungen vor Übermittlung an die ESTV
  • Lohnabrechnungen vor Auszahlung
  • Jahresabschluss vor Veröffentlichung
  • Steuererklärungen vor Einreichung

Dokumentation

Halten Sie alle Kommunikation schriftlich fest. E-Mails, Protokolle und Aktennotizen helfen bei späteren Haftungsfragen.

Frühzeitige Kommunikation

Informieren Sie Ihren Treuhänder umgehend über alle relevanten Änderungen in Ihrem Unternehmen. Verschweigen Sie nichts aus falscher Scham.

Weiterbildung

Grundkenntnisse in Buchhaltung und Steuerrecht helfen Ihnen, die Arbeit Ihres Treuhänders besser zu verstehen und zu kontrollieren.

Streitfälle und Rechtsdurchsetzung

Aussergerichtliche Lösungen

Bei Unstimmigkeiten suchen Sie zuerst das direkte Gespräch. Viele Probleme lassen sich durch Kommunikation klären.

Mediation

Branchenverbände wie TREUHAND|SUISSE bieten Mediationsverfahren für Streitigkeiten zwischen Treuhändern und Mandanten an.

Gerichtliche Schritte

Als letztes Mittel bleibt der Rechtsweg. Sammeln Sie vorher alle relevanten Unterlagen und Beweise.

Praktische Empfehlungen

Bei der Vertragsgestaltung

  • Holen Sie sich rechtliche Beratung bei komplexen Haftungsklauseln
  • Vereinbaren Sie regelmässige Review-Termine
  • Definieren Sie klare Eskalationswege

Im laufenden Betrieb

  • Etablieren Sie feste Routinen für Datenübermittlung
  • Kontrollieren Sie wichtige Fristen und Termine
  • Führen Sie regelmässige Qualitätsgespräche

Bei Problemen

  • Dokumentieren Sie Fehler und deren Auswirkungen
  • Sprechen Sie Probleme sofort an
  • Suchen Sie bei grösseren Schäden rechtlichen Rat

Fazit zur Haftungsverteilung

Die Verantwortung bei ausgelagerter Buchhaltung ist komplex und situationsabhängig. Durch klare Verträge, gute Kommunikation und regelmässige Kontrollen können Sie Haftungsrisiken minimieren. Wichtig ist das Verständnis, dass Outsourcing Sie nicht von der grundsätzlichen Verantwortung für Ihr Unternehmen befreit, aber bei fachgerechter Durchführung durch den Treuhänder deren Haftung für Fehler in ihrem Verantwortungsbereich etabliert.

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